Christoph Werner
© Ilja Wehrenfennig

Gespräch mit Intendant und Regisseur Christoph Werner zu »Wir sind noch einmal davongekommen« von Thornton Wilder

Könntest du dich unseren Lesern eingangs kurz vorstellen?
Hallo, mein Name ist Christoph Werner. Ich bin der Intendant des Puppentheaters und der Regisseur von dem Theaterstück »Wir sind noch einmal davongekommen« von Thornton Wilder.

Worum geht es in »Wir sind noch einmal davongekommen«?
Werner: Das Stück wurde 1943 geschrieben, also noch während des Zweiten Weltkriegs, und hat danach eine erstaunliche Aufführungsgeschichte erlebt. Es geht darin um eine klassische Familie mit klassischer Rollenaufteilung – Mutter, Vater, zwei Kinder, Tochter und Sohn. Und diese Familie durchlebt sämtliche Krisen der Menschheitsgeschichte und übersteht sie auf wundersame Weise. Die Eiszeit, die Sintflut, ein Weltkrieg: All das passiert ihnen in diesen drei Akten. Aber sie überstehen alles durch ihren Pragmatismus, ihre Liebe zueinander und zur Welt und durch einen feinen, klugen Humor, wie ihn der Autor selbst wahrscheinliche hatte. 

Was ist das Besondere an dem Stück?
Werner: Dieser Stoff ist ganz modern geschrieben. Die Figuren regen sich über das Stück auf. Sie sind sich also bewusst, dass sie spielen, gleichzeitig spielen sie aber. Es ist ein verblüffend heutiger Text, der aber diesen Charm hat, dass man ihm anmerkt, dass er nicht aus der Postmoderne kommt, sondern aus der Moderne. Das heißt alles, was dort geschieht, geschieht zum ersten Mal. Es wird quasi vor unseren Augen erfunden. Und diese Naivität, die ist in diesem Text enthalten. Gleichzeitig ist dieser Optimismus nicht dumm. Er ist nicht deshalb da, weil man die Probleme ausblendet, sondern er ist intelligent und sehr unterhaltsam. Das ist auch der Grund, warum wir uns für dieses Stück entschieden haben.

Christoph Werner

 

Und was wird in »Wir sind noch einmal davongekommen« auf der Bühne zu sehen sein?
Werner: Also seit über 20 Jahren ist ja das Puppentheater Halle dafür bekannt, dass es die sogenannte offene Spielweise praktiziert. Das heißt, man kann den Spielern dabei zuschauen wie sie mit den Puppen agieren. Hier aber spielen wir in der guten alten verdeckten Spielweise. Das heißt, es gibt eine Spielleiste, hinter der die Spieler verschwinden. Nur oben über der Spielleiste sieht man die Puppen rausschauen. Es gibt also sozusagen Puppentheater wie man es von früher her kennt. Das stimmt natürlich nicht ganz, denn in den Akten verändert sich auch die Bühne und die Spielweise. Je weiter wir voranschreiten in der Handlung, desto transparenter wird die Bühne wieder.

Und wie kann man sich die Puppen selbst vorstellen?
Werner: Was wirklich lustig ist: Simon Buchegger, der ja einer von unseren beiden Puppenbauern ist, hat sich als Vorbilder für die Puppen amerikanische Schauspieler von 1950 genommen. Die hat er nachgebaut und man erkennt sie auch. Also spielen gewissermaßen Catherine Hepburn oder Marylin Monroe mit. Man erkennt die Gesichter und denkt: Kommt mir irgendwie bekannt vor. Die Puppen sind ja nicht so groß und die Köpfe sind klein, trotzdem erkennt man das, auch wenn man in der letzten Reihe sitzt. Das macht einfach Spaß.

Vielen Dank für Ihre Zeit und dieses Gespräch.

Seit 1995 ist Christoph Werner künstlerischer Leiter am Puppentheater der Stadt Halle. Von 2005 bis 2011 war er außerdem Intendant des neuen theaters. Mit der Spielzeit 2010 / 2011 übernahm Christoph Werner wieder ausschließlich die Intendanz des Puppentheaters. Als Regisseur hat er in allen Genres gearbeitet. Sein besonderes Interesse gilt dabei der Verknüpfung von Menschen- und Puppentheater.