Für das Stück »MOMO« (Premiere 03.12.2023) verfasst das Produktionsteam ein Probentagebuch und gewährt allen Neugierigen wöchentliche Einblicke in die Proben. Freuen Sie sich schon jetzt auf den Märchenklassiker von Michael Ende im Puppentheater Halle und lassen Sie uns gemeinsam die Wartezeit bis zur Premiere verkürzen! 

WOCHE 1 (17.-19.10.2023)

“... und die anderen?” “Die gehen nicht zurück in die Tupperdose”

Dienstag:

Start beziehungsweise Konzeptionsprobe beziehungsweise Vorstellen aller Beteiligten, des Bühnen- und Kostümbildes und natürlich auch Lesen der Stückfassung.

Erste Abendprobe: die "Grauen“ treten auf, bedeutet: es wird zu Musikschnipseln improvisiert. Gleich zu Beginn die Frage: Ist die Musik zu „krass“, also zu bedrohlich und zu düster? Und auch: Wie stellt man eigentlich eine Gemeinschaft von Egoist:innen dar?

Mittwoch:

Wir lesen Passagen aus “Spiegel im Spiegel”, auch geschrieben von Michael Ende. Danach auf der Bühne ergeben sich neue Logik- aber auch ganz praktische Fragen, wie z.B.: Wie beweglich ist eine Momo mit einem Rock? Oder: Kann sich die Drehscheibe später, wenn sie nicht mehr per Hand, sondern mit Motor betrieben wird, auch in beide drehen Richtungen lassen?! Alles andere wäre schon jetzt ziemlich blöd. UND: Hurra! Sie kann…links rum und rechts rum. Große Erleichterung!

Nach der Arbeit an den ersten Szenen dann eine weitere freudige Erkenntnis: unsere Regisseurin Luise stellt fest: “Das System beginnt sich zu lüften.” 

Donnerstag:

Nun sollen sich auch Momos Füße lüften, die zuvor immer in dicken Wollsocken steckten. Sibylle, die für die Puppenkostüme verantwortlich ist, kommt mit den Worten zur Probe: “Ich habe noch nie so schöne Puppenfüße gesehen, die sind eigentlich zu schade, um sie in Schuhe zu stecken”. Prompt zieht Ausstattungsassistent Samuel ein Paar kleine, knallrote Sandalen aus der Tasche. Die hatte er am Vortag auf der Straße gefunden. Momo passen sie wie angegossen. Glückliche Fü(ß)gung.

 

WOCHE 2 (24.-27.10.23)

Puppen fliegen…nicht schon wieder! Aber schön ist es ja irgendwie schon.

Dienstag: 

Nach dem Ziehen eines Zettels aus dem Zettelkasten zu den Themen Zeitverwertung und genussvoller Zeitverschwendung im Raum erst einmal: “Stülle!“, ähhh “Stille!”

Gigi erzählt seine erste Geschichte. Wir versuchen einige Positionswechsel unterzubringen und stellen fest: da haben wir ihn, den “wahnsinnigen Verschiebebahnhof”. 

Danach wird Sturm gespielt. Auch hier die altbekannte Problematik: zu viel Mensch = zu wenig Puppe; zu wenig Menschen = auch nicht genügend Puppe … puh!

Am Ende will der Sturm in den Schlaf gesungen werden. Das Lied steht im Nullkommanichts: Luise B. schreibt morgens beim Frühstück den Text, Louise N. komponiert in einer Probenpause ein dreistimmiges Lied daraus, das sie auch eben noch ihren Kolleg*innen beibringt. 

Zum Schluss noch die Frage: War für Beppo alles ein bisschen zu stürmisch? 

Er klagt: „Ich hab ganz dicke Füße“. 

Momo weiß die Antwort: „Das ist, weil du so viel Bockwürste isst“.

Mittwoch: 

Kai liest das Verfolgungskapitel aus dem “Momo”-Buch vor. 

Dann geht’s ab auf die Bühne und Verfolgung wird geprobt - den beiden Spielern der Grauen steht der Schweiß auf der Stirn. Den Zuschauenden laufen vor Lachen die Tränen. Es wird gehetzt, gesucht, durch den Raum gezogen, geschlängelt, Huckepack getragen und schließlich gibt’s sogar ein tête-à-tête. 

In der Pause eine Diskussion über entkoffeinierten Kaffee: “Der Grund, dass ich zur Arbeit komme, ist Kaffee. Richtiger Kaffee!”

Beppo erobert unsere Herzen im Sturm. Heute treffen wir ihn erst bei der Polizei, dann in der “Einrichtung”. Schließlich ein weiteres tête-à-tête, das es wohl nicht in die Inszenierung schaffen wird: Beppo und der Polizist fahren „Cabrio“ und es wird intim.

Am Ende des Tages erzählt Momo in kleiner Runde davon, wie die Stundenblumen entstehen. 

Donnerstag: 

Das Foyer ist vollgestellt mit allerlei Zeugs. Vogelsand, ein Aquarium, bunte Stoffe, Lebensmittelfarben. Hat Momo über Nacht ihr Hab und Gut im Foyer verteilt? Warte…eine Kamera und Scheinwerfer sind auch aufgebaut. Da kommt Kai um die Ecke, unser Mann für die Videoprojektionen. Samuel, der Ausstattungsassistent und die Requisiteurin Charlotte sind mit von der Partie. Was irgendwann zu Videoprojektionen werden soll, sieht gerade noch ein wenig aus wie Experimente im Kinderzimmer.

Währenddessen behauptet Nils auf der Bühne, in Papua-Neuguinea gäbe es fliegende Schildkröten. Ach, der macht nur Quatsch. Aber wie kann sich Kassiopeia denn dann fortbewegen? Ihre Beinchen sind so kurz! 

Freitag:

Fusi hat über Nacht eine neue Hose mit "genug Spielraum" bekommen. Das ist gut, denn wir springen an den Anfang zurück und gehen noch einmal die Fusi-Szene an.

Auch Liliana und Nino kommen wieder zum Zug und dürfen sich ordentlich fetzen. Kurz vor Schluss wird noch einer der Grauen vor Gericht gestellt. Schließlich die Frage: Was passiert, wenn die Grauen “sterben”? Eine mögliche Antwort wird gefunden: “Du bist kein Toter, du bist ein Roter”. 

In die kommende Woche nehmen wir mit: Wir müssen mit unserer Bühne neue Orte etablieren.

Kann Kassiopeia denn nicht einfach hoovern? Braucht sie einen Rollschuh oder einen Stock im Po?

WOCHE 3 (30.10.- 03.11.23)

Montag: 

Den Szenen 1-5 geht es nun so richtig an den Kragen - wo gibt es Unklarheiten, wie kommen wir von der einen zur nächsten Szene? Man würde vielleicht vom Gegenteil ausgehen, aber eine Drehbühne kann bei dem Wunsch nach klaren Szenenein- und -ausstiegen hinderlich sein.

Beim Improvisieren wiederholt sich der Ausspruch: “Ja, das ist schön, aber leider ein anderes Stück”. Und unsere Regisseurin Luise B. stellt klar: “Nein, ich habe gesagt ich fand es nicht gut. Das ist was ganz anderes als es war nicht gut.”

Oh je, nun ist auch noch Lilianas Sprunggelenk gebrochen und ihr Fuß baumelt lose herum. Beine scheinen in dieser Inszenierung Thema zu sein: Momos in jede Richtung flexible Knie, Lilianas desolates Sprunggelenk, Beppos ausgeleierte Gummis im Hüftbereich, die zu kurzen Beinchen unserer Schildkröte Kassiopeia… Wir überlegen, wie sich unsere Vierbeinerin besser fortbewegen könnte. Kurzerhand bekommt sie ein Rollbrett unter den Bauch und wird zum Matchbox-Auto. 

Zu viele Ideen und Korrekturen führen schließlich zu Überforderung und Nils gibt zu bedenken: “Ich bin Messer ODER Gabel”.

Mittwoch: 

Wir haben ein neues Bibigirl. Schnell wird klar: die Figur ist sehr raumgreifend und durchschlagend mit ihrer schrillen, fordernden Stimme - die bekommt sie von Louise N. geliehen. UND: Irgendwie wollen alle mal den Hut der schrägen Porzellanpuppe aufsetzen.

Die Idee, dass Kassiopeia sich auf Rollen bewegt, wird wieder verworfen. Neue Idee: sie bewegt sich immer ein Stück vorwärts, wenn sie pupst! Naja - auch das wird es sicher nicht bleiben; vor allem wegen der Vermutung, dass wir uns damit für die Kindervorstellungen eine ziemlich Grube schaufeln würden - ade, Aufmerksamkeit.

Luise H.s Probenschuhe haben anscheinend schon einiges auf dem Buckel: die Sohle des rechten Schuhs will eigene Wege gehen. Zum Glück ist wie immer beim Puppenspiel Klebeband zur Hand (wahlweise ist es auch die Heißklebepistole). Resultat: Sohle dran. Mehrwert: Bei jedem Schritt gibt der Schuh nun ein leises Knistern von sich. 

Einfälle zu Szenen werden übrigens überall entwickelt. Auch in der Pause: wo ein Teller als Drehscheibe und Besteck als Figuren herhalten müssen. Und so klärt sich schließlich auch das Setting für die erste Verfolgungsjagd.

Donnerstag: 

Momos Puppenkostüm nimmt Form an. Heute tritt sie zum ersten Mal mit Jacke auf - danke, Sibylle. 

Bernhard hat uns aus Berlin neue Musikschnipsel geschickt. Prompt werden die Tracks auf den Proben getestet: Beppo wird beispielsweise von der Grauen-Chefin Louise N. verpackt und verräumt und das zu einer ziemlich düsteren, kühlen Soundfläche. Wir befinden: gruselig. Also wirkungsvoll. Auch die Szene zwischen dem Polizisten und Beppo bekommt mehr Fleisch: Einstiegsmusik inklusive Aufbau des Polizeireviers und ein Polizist, der bei dieser Probe ein ganz anderer ist als bei der letzten: „ein ganz herrliches Nervenbündel!“

Luise B. räumt ein, dass sie vermutlich Mittwoch Morgen ihren Zeh gebrochen hat (er ist jetzt lila). Vielleicht kam daher das ein oder andere verkniffene Gesicht.

Freitag: 

Am Montag werden wir zum ersten Mal Besuch von unserem Dramaturgen bekommen. Da wir wollen, dass es flutscht, gehen wir wieder von vorne durch. Erschöpfung im Raum. Immer wird es anstrengend, wenn man Vorgänge wiederholt, versucht, sie zu rekonstruieren und erst mal nicht mehr viel da ist von der anfänglichen Intensität des Entwickelns, der Spielfreude. Da wird’s dann Arbeit - bis dann das Gerüst so klar ist, dass man sich darin wieder frei bewegen kann und der Spaß zurückkommt.

Vielleicht ist es aber auch Aufregung. Ob sich der Kern dessen, was wir bisher gearbeitet haben, wohl transportiert?!

UND: Kommt am Montag denn nun wirklich unser drittes (größtes) Bühnenteil aus der Tischlerei und Simon kann probieren, sich während der Verfolgungsjagd daran entlang zu hangeln? (Der Verbandskasten steht bereit.)

Luise B.s liebster Dialog der Woche:

Luise B.: „Ihr müsst aufpassen, dass ich Euch noch verstehe.“

Basti F.: „Warum?!“

WOCHE 4 (6.11.-10.11.23)

“Typische Freitagsprobe.” “Es ist Donnerstag.” “Das ist das Problem.”

Montag: 

Morgens ein Durchlauf vom Prolog bis Szene 9. Mit dabei: das Dramaturgen-Duo Christoph Werner und Ralf Meyer. 

Aus den drei Stunden Gespräch zwischen Christoph W. und Luise B. ergeben sich neue Impuls, die in der Abendprobe über dem restlichen Team ausgegossen werden: Striche, Umstellungen von Texten - alles, um Beziehungen zu schärfen und eine wirkungsvolle Differenzierung zwischen Puppen- und Spieler:innen-Ebene zu erzählen. Etwas Überforderung schwebt durchaus im Raum. Befinden wir uns gerade mitten in dem vielbeschworenen, eigentlich unumgänglichen Produktionstief?!

Eine der neuen Ideen: Nils D. könnte doch als Spieler gemeinsam mit der Puppe Beppo in die “Klinik”, also einen klitzekleinen länglichen Zwischenraum auf unserer Bühne. Luise B., sehr viel kleiner als Nils, ist überzeugt, dass das passt, probiert’s aus und stellt fest: Ist doch recht eng hier. Weiter geht es mit den Puppen-Brüchen: Diesmal ist es Fusis Handgelenk…

Trotzdem machen wir uns noch mal über die Fusi-Szene her. Es muss sich doch irgendwie herstellen lassen, dass Fusi Freude an seiner Arbeit hat. Scheint aber erst einmal schwerer als gedacht. Bastis Kommentar dazu:  "Ja, wir müssen überlegen: Was würden fröhliche Menschen tun?”

Zwischenzeitlich bekommt Basti dann auch von Fusi eine „Frisur" von ihm - Bastis Glatze wird von Fusi bespuckt und poliert. Nils, der Fusis rechte Hand spielt, scheint die Polier-Aufgabe sehr zu genießen. 

Dienstag: 

Huch - heute Morgen ist sehr viel Publikum da! Endlich sind unser Musiker Bernhard und der Mann fürs Video Kai wieder mit am Start, um sich einen Überblick über den Inszenierungsstand zu verschaffen. In der Probenpause diskutieren die beiden gemeinsam mit Luise B. über den bestehenden Bedarf.

Außerdem gibt es heute sehr leckeren veganen Kuchen von der zweiten Regieassistentin Katja, da sie ihren letzten Tag hat. Wir haben volle Bäuche und sind untröstlich.

Verena kauft in der Kinderabteilung vom Secondhandshop ums Eck ein rotes Shirt für Momo - den Super Mario-Aufdruck (inklusive Schildkröte!) trägt Momo fortan auf dem Rücken. Dem Superheldinnengefühl ist es vielleicht dienlich.

Wieder überlegen wir, wie sich Kassiopeia bewegen kann. Dieses Mal: Die Nils-trägt-sie-in-einem-Beutel-auf-dem-Rücken-Edition. UND: Basti alias Beppo stellt kurz seinen Besen zur Verfügung - der Stock im Po der Schildkröte macht alle wieder wach. Dass wir diese Variante nicht in die Inszenierung wählen werden, versteht sich von selbst.

Am Abend kurzerhand die Entscheidung: Mittwoch muss nur Luise H. zur Probe kommen. Alle anderen haben den Tag, um Text zu lernen und Energie zu tanken.

Mittwoch:

Endlich haben wir mal Luft, uns in Ruhe und in kleiner Runde mit unserer Protagonistin zu beschäftigen. Wir sprechen Momos Text durch und überlegen: “Wer und wie ist Momo?”.

Donnerstag:

Die Puppen bekommen Probenschuhe - die anderen müssen jetzt überarbeitet werden. Merke: Puppen die Schuhe auszuziehen ist gar nicht mal so einfach. Für gewöhnlich sind die nämlich mit Schrauben an den Puppenfüßen befestigt. 

Weiter zum Thema Füße: in der Polizeiszene spielt Luise H. ab sofort Beppos Füße. Beppo meint: “Mhh, meine Füße fühlen sich heute so momohaft hat”. 

Ach, und wo ist eigentlich Nino? Simon B.: “ im Kühlschrank". Achso, ja klar. Wo sonst?!

Noch mehr Text wird gestrichen. Zum Beispiel einer, der alle an einen deutschen Schlagerhit erinnert. Es wird probiert, probiert, probiert. Manches klappt, anderes ist eher “Nee”. Wie Basti F. feststellt “Typische Freitagsprobe.” “Es ist Donnerstag.” “Das ist das Problem.”. 

Donnerstagabend endlich unser Bergfest. Wie der Abend so war? Naja, die Probe am nächsten Morgen wird um 2 Stunden nach hinten verschoben.

Freitag:

Dass so ein Bergfest und eine kurze Probe sehr produktiv sein kann, zeigt die heutige Probe. Im Sauseschritt geht’s durch mehrere Szenen der zweiten Stückhälfte. Und siehe da: bei vielen steht nach wenigen Versuchen der grundlegende Aufbau. Unser Ausstattungsassistent Samuel dürfte vom ganzen manuellen Drehen der Scheibe mit Muskelkater ins Wochenende starten. Und Regiehospitantin Sarah durfte Kassiopeia spielen - und will sie am liebsten gar nicht mehr abgeben. Dass dann aber doch endlich Wochenende sein darf, macht Louise N. deutlich: “Ich empfange Nachricht aus der Signale!” Na dann, schönes Wochenende.

WOCHE 5 (13.11.-17.11.)

“Wir sind ja alle Göttinnen und Götter”

Montag

Wir sind umgezogen. Wouhou! Alles anders, alles neu. 

Das Positive: Es gibt mehr Platz. 

Zweischneidig: Die Fadenvorhänge hängen. Sie sehen toll aus und bieten neue Auftritts- und Versteckmöglichkeiten. Aber Obacht: sie bergen auch Stolper- und Verhedderpotenzial! 

Auch SEHR postiv: Nils ist wieder da! Gemeinsam bringen wir ihn auf den neuesten Stand und gehen dann weiter im Stück. Das Ende unserer Geschichte steht kurz bevor.

Wir wägen mal wieder ab, wie heftig die Grauen agieren dürfen, ohne dass nach fünf Minuten der halbe Saal heult und/oder leer ist - wahrscheinlich weil in dieser Woche unsere Patenklasse zu Besuch kommt.

Dienstag

Wir werden immer genauer…die Frage, wer wann und wie einen Impuls gibt, wird stetige Begleiterin. In diesem Zusammenhang folgender Wortwechsel: "Ich muss dann hier an den Arsch von ihr (der Puppe).” Louise N. darauf: "Also warte ich, bis ihr am Arsch seid?!” 

Am Abend bekommen wir Besuch von der Deutschen Krebsstiftung - 40 Erwachsene wollen sehen, wie unsere Inszenierung entsteht. Wir wiederholen, was wir am Morgen geprobt haben. Wieder läuft es ziemlich rund - wo es normalerweise viele Unterbrechungen wegen Unklarheiten und Fragen gibt, spielt das Team auf der Bühne sich nun intuitiv „richtig“ durch, meistert die Übergänge souverän. 

Danach gibt Luise B. den Besucher:innen die Möglichkeit, Fragen zu stellen. Wie oft bei solchen Runden ergibt sich nach anfänglichem kollektivem Schweigen dann doch ein Gespräch, in das Luise B. gerne einsteigt. Es geht u.a. um Nebengeräusche, die durch die Bühne selbst und ihren Kontakt mit Mensch und Gegenstand entstehen - hier sind beispielsweise Momos Hände ein echtes Problem. Als alle verabschiedet sind, wird über diesen ungewollten Effekt beratschlagt. Auf verschiedenen Filzen machen wir mit Momos Holzhänden diverse Geräuschtests. Klar ist aber auch, dass die Spieler:innen darauf achten müssen, nicht so viel Energie ins Material zu geben, sich nicht allzu rumpelig auf der Bühne zu bewegen. Wie so oft beim Puppenspiel heißt die Devise „unsichtbar und flüsterleise". Das nervt. Requisiteurin Verena versüßt dem Team den Abend - mit Bonbons. 

Mittwoch

Morgens bekommt die Drehscheibe von der Technik einen neuen Belag. Vielleicht dämpft das schon ein wenig die ungewollte Geräuschkulisse? Wir überarbeiten den Anfang und intensivieren die Reaktionen der Grauen auf den Kontakt mit den Kokons. Und: Momo bekommt Stulpen für die Hände. 

Ausstatterin Angela hat abends einen besonderen Blick auf unseren Durchlauf: bald geht es an die Beleuchtung.

Außerdem hat sich über Nacht die Musik durch die musikalischen Zauberhände von Berni vermehrt.  

Donnerstag

Morgens haben wir eine kurze Beleuchtungsbesprechung mit Thorsten, der sich um das Licht kümmert. Und: schon wieder Publikum! Diesmal ist es unsere Patenklasse. Über zwanzig kleine Besucher:innen. Wir zeigen ihnen den ersten Teil des Stücks. Und beobachten die Reaktionen der Zweitklässler:innen. Beppo scheint alle in seinen Bann zu ziehen. Wir verabschieden die Klasse und proben weiter.

Am Abend gibt es die erste Probe der Herzkammer mit Video! Kais Videos machen Münder offen stehen - wir finden’s toll. Die Befürchtung, dass das Proben der Szenen mit Video friemelig und anstrengend werden würden, bestätigen sich erst einmal nicht. Nach Luise H.s Monolog zu Beginn der Probe dreht sich Luise B. mit den Worten um: “Joa dann, Feierabend, oder?”. Solche Proben erhellen die Gemüter und geben Kraft und Zuversicht für den kurz bevorstehenden Endspurt. 

Freitag

Die Drehscheibe hat einen Motor! Für die Vormittagsprobe sind unsere Technik-Menschen angerückt. Wir gehen Übergänge durch, in denen die Drehscheibe sich bewegen soll. Schnell stellt sich heraus: so einfach wie erhofft, wird es nicht werden. Das Programm ist neu und damit unbekannt. Also muss Regiehospitantin Sarah doch wieder manuell drehen. Diesmal geht’s schwerer als sonst! Glücklicherweise ist FSJlerin Marlena da und hilft. 

Um es für Albert, der die Drehscheibe während der Vorstellungen bedienen soll, einfacher zu machen, gehen wir alle Szenen durch und beschließen, die einzelnen Abschnitte der Drehscheibe durchzunummerieren. Das hat System und überzeugt erstmal alle. Kurz vor Schluss gibt es noch kleinere Streichungen. 

Abends wiederholen wir die beiden Herzkammern und werden genauer in der benötigten Rhythmik der Videosequenzen.

Außerdem sind heute Abend Nils und somit Kassiopeia mit dabei und es wird erst einmal ordentlich „gefrühstückt“ - ganz in Kassiopeias Sinne, Belagerung der Grauen hin oder her.

WOCHE 6 (20.11.-24.11.)

“Ich kann mich nicht mehr lesen.”

Montag

Schlechte Nachrichten am Morgen: Alle Einstellungen der Drehscheibe sind übers Wochenende verschwunden. Also muss Sarah wieder ran und ihre Arme stählern. 

Bevor wir aber mit dem Durchlauf starten, bespricht das Ensemble den Durchgang vom vergangenen Donnerstag. Wir kommen das erste Mal vom Prolog bis zur 17. Szene. Unser Dramaturg Christoph Werner ist wieder dabei und bespricht seine Eindrücke nach der Probe mit Regisseurin Luise B. 

Nach derVormittagsprobe wird die Drehscheibe - again - programmiert. 

Außerdem auf dem Plan: Beleuchtungseinrichtung, Video und Ton. Und das alles innerhalb von 4 Stunden. Da wird um jede Minute gefeilscht. Gradzahlen werden ausgerechnet, Lichttemperaturen à la golden amber eingestellt und Hallfahnen eingesetzt, um Töne nicht zu hart zu cutten.  

Nils wird glücklich gemacht durch einen Lichtpunkt, der ihm den Weg weist. Und Luise B. kann sich “nicht mehr lesen”. 

Dann proben wir den Schluss. Was macht Louise N. als Grauer? Geht sie ab? Stirbt sie? Wird sie rot? Wir werfen auch einen ersten Blick auf die allerletzte Szene. Und schließen den Tag mit einer Feststellung von Luise H. “Aber warum labern die beiden (Beppo und Gigi) jetzt darüber, dass sie MICH befreit haben? ICH habe doch DIE befreit!”

Dienstag

Gute Nachricht am Morgen: Techniker Jörg ist da und fährt die Bühne. Findet die Ära der manuellen Drehscheibenführung nun wirklich ihr Ende? Nein. Wäre auch zu einfach gewesen. Die Einstellungen müssen ein weiteres Mal nachkorrigiert werden. Dafür steht jetzt die Beleuchtung! Nur leider jeweils - dank Drehscheibenproblem - ein paar Grad daneben. Reihenweise schlagen die Menschen die Hände überm Kopf zusammen. Das Übel: Technische Probleme und Programme (Video-Kai zischt seinen Laptop an: “Willst du mich eigentlich verarschen?!”). Neben den technischen Reibereien gibt es aber noch Schönes zu festzuhalten: Wir machen einen Stoppeldurchgang durch das gesamte Stück. Und Luise B. und Aileen sind sich einig: So schön haben Beppo, Momo, Gigi und Nino noch nie gedichtet. 

Am Abend wieder ein Durchlauf und es gibt jede Menge „firsts": Luise H. und Basti dürfen zum ersten Mal in die Maske. Und alle haben zum ersten Mal (zumindest obenrum) ihre Kostüme an. Und Carl fährt zum ersten Mal die Musik. Ach, und Momo hat jetzt plötzlich Wimpern und Gigi trägt Fliege. Was leider nicht zum ersten Mal passiert: die Drehscheibe macht mal wieder, was sie will. Das Team wehrt sich gegen die Verzweiflung indem es sich eines Lachkrampfes bedient

Donnerstag

Luise B. trifft sich noch einmal mit Luise H., um über Momo zu sprechen. Verwirrung und Überforderung im Raum. Aber wir haben noch zehn Tage! Luise B. ist sich sicher: das wird! Nicht vergessen: Momo ist eine schwierig zu spielende Figur.

Freitag

Luise B. wertet mit dem Ensemble den Durchlauf vom Dienstag Abend aus und gibt die Stoßrichtung für die Endprobenwoche vor. Figuren müssen stärker differenziert, die Artikulation muss verbessert und Erzählbögen müssen klarer gedacht werden. Puh…das Team zeigt sich etwas resigniert …es gibt also doch noch einiges zu tun. Vielleicht nicht allzu schlecht, dass wir nun eine kleine Zwangspause wegen der Vorstellungen von „Mord im Orientexpress“ einlegen müssen.

Und wir sind gespannt: Können wir die Probleme mit unserer Drehscheibe in der kommenden Woche beheben? Beste Entscheidung: Verena wird dem Dreher Albert als Inspizientin zur Seite stehen.

WOCHE 7  (28.11. - PREMIERE am 3.12.23)

„Verzweiflung ist der bessere Weg”

Montag

Endprobenwoche! Doch der Montag ist frei, weil das gesamte Ensemble in der Woche zuvor Donnerstag bis Sonntag 

„Mord im Orientexpress“ gespielt hat und einen Tag frei haben muss. 

Luise B. knirscht und atmet.

Dienstag

Luise B. hat Geburtstag. Sie rundet. Es gibt Kuchen im Übermaß und keinerlei Zeit, ihn zu essen. 

Außerdem noch eine freudige Nachricht am Morgen: der technische Leiter Henne meint, dass unser Sorgenkind Drehscheibe doch mehr kann als gedacht. Und wir finden einen Fehler in der Programmierung. Scheint behebbar und die Scheibe somit drehbar. Fingers crossed!

In der Probenpause wird im Akkord geleuchtet, Ton und Video bearbeitet. Gerade von Seiten der Technik gibt es noch einiges zu tun.

Am Abend findet die Blaue Stunde statt. Der Förderverein ist zu Gast und schaut einen Teildurchlauf. Alles, was man uns wissen lässt, scheint einhellig: Das Stück ist toll, alle wollen weiter sehen! Puh, das gibt Kraft und Zuversicht für die bevorstehende Woche.

Dramaturg Christoph ist ebenfalls anwesend und spricht anschließend noch einmal ausführlich mit Luise B. - vor allem über den zweiten Teil, den der Förderverein bei der Blauen Stunde noch nicht zu sehen bekommen hat. Da hakt, holpert und stockt es nämlich noch ganz schön. Es folgt eine kleine Auswertung mit dem Ensemble. 

Auch Kassiopeias neue Stimme sorgt für Aufregung. Sie hört sich nun ein wenig wie ein alter, sehr versoffener Mann an und vielleicht auch ein bisschen à la „Momo, ich bin dein Vater!”. So kann sie definitiv nicht bleiben.

Mittwoch

Am Morgen werten Kai, Luise und Berni die technischen Aspekte des gestrigen Durchlaufs aus - gerade im zweiten Teil müssen Musik und Video ganz konkret helfen, das Finale einzuleiten. Kai und Berni nicken und gehen sofort dazu über, sich die Köpfe zu zerbrechen.

Es wird die Entscheidung gefällt, dass doch ein Hazer benötigt wird - die Grauen ohne Nebelschwaden - das macht irgendwie keinen Sinn.

Und: Es muss noch mal gekürzt werden. Die Nino-Szene fliegt raus. Sie ist zwar mittlerweile sehr schön, erzählt aber eigentlich nur, was davor und danach in Spielszenen zu sehen ist. Auch bei der zweiten Herzkammer wird der Rotstift angelegt. „Kill your darlings!” heißt die Devise. Und alle sind sich einig: wir müssen uns die Übergänge anschauen. Schlanker, klarer, schneller sollen sie werden. 

Und schau an: Am Abend kommen wir auf goldene 65 Minuten. 

Luise B. kann es nicht fassen - wann und wie ist das denn passiert?! Bisher gingen immer alle von 80 Minuten Inszenierungsdauer aus.

Und auch generell: der Durchlauf am Abend - tja, der lief sehr gut.

Donnerstag

Nils führt Luise B. durch den Raum und zeigt: der Tanzboden weist schon jetzt Löcher auf! Darf ja wohl nicht wahr sein…nach nicht einmal zwei Wochen mit ohne Tanzen… kann der reklamiert werden?

Nächstes Thema: Momo schwimmt ein wenig seltsam. Heißt, der Kopf führt eine Bewegung an und man weiß plötzlich nicht mehr, was gemeint ist. Luise H. fragt: „Gebe ich dann den Impuls? Ich bin ja an den Füßen”. Basti erinnert sie daran: „Ja, aber auch am Kopf. Also ich kann den Impuls auch mit Arsch und Händen machen, aber dann nehm ich dir ja die ganze Puppe weg”. Daraufhin: Schweigen.

Schließlich hat Simon eine Idee, wie es besser gehen könnte. Er legt sich auf den Bauch und bewegt sich „wie ein Wattwurm”. Hm…semi hilfreich. Am Ende wird entschieden: wir lassen es, wie es war. Bitte zu diesem Zeitpunkt nichts verschlimm-bessern!

Luise B. fragt, ob die Spieler*innen vor der HP1 am Abend noch einmal etwas anschauen wollen? Schüttelnde Köpfe. Na dann… bis heute Abend.

Anna Kolata ist bei der ersten Hauptprobe anwesend und schießt wunderschöne Inszenierungsbilder. Einige Kinder sind nun auch mit dabei. Die Altersspanne ist breit. Zwischen vier und zwölf Jahren ist alles dabei. Die Reaktionen stimmen uns positiv.

Und auch insgesamt macht die erste Hauptprobe macht den Eindruck, als könnten wir einen Gang rausnehmen. Zur Schonung der mittlerweile arg geschrumpften Energiereserven und aus Übermut/Zuversicht (?) streichen wir den geplanten Durchlauf am nächsten Vormittag und geben uns damit zufrieden, dass wir uns am Freitag Abend zur HP2 sehen.

Freitag

Bei der zweiten Hauptprobe ist Conny Klar mit am Start und nimmt einen Mitschnitt auf, um später daraus den Inszenierungstrailer zusammen zu bauen.

Ansonsten kommen wir zu dem Fazit, dass es Zeit wird, unsere Arbeit der Öffentlichkeit zu präsentieren. Wir brauchen Publikumsreaktionen!

Und Simon zeigt sich unschlüssig. Am Ende spielt er die Schildkröte Kassiopeia und offenbart: „Ich weiß nicht, wie ich das machen soll mit dem Niesen.” Luise B. ist sich für nix zu schade und niest groß und genüsslich vor.

Samstag

Heute: GENERALPROBE, der letzte Durchlauf vor der Premiere. Der Saal ist voll besetzt. Hora will heute anscheinend nicht mehr frühstücken und die Zigarre (Louise N.: „die Ziggi") landet doch tatsächlich auf dem hyper-schmalen Fenstersims. Die beiden verbliebenen Grauen suchen akribisch danach bis ausgerechnet Momo ihnen zeigt, wo sie zu finden ist. Und Luise B. befindet: alles in allem ein wenig zu „laid back“.

Wir würden sagen: eine gelungene GP!

Sonntag

TOI TOI TOI! (Christoph W. meint bei der Premierenrede, Luise B. hätte mit dieser Inszenierung eine goldene Visitenkarte abgegeben.) Prost.

Weitere Eindrücke aus den Proben:

Bilder und Texte von: Luise Bose, Sarah Hohendahl, Katja Rehor und Aileen Wrozyna